küchenputzmusik

ob nena eigentlich weiß, daß ihr song gleich viel netter und freundlicher und -achtung- positiver klingt, wenn man "ich hab' heute was versäumt, denn ich hab' nur von dir geträumt" singt, mit vorsichtiger betonung auf dem letzten wort? und daß man fortan, nach dieser erkenntnis, beim hören der original-lyrics immer dieses zynisch-überhebliche lächeln bekommt, weil man jene endlich richtig zu verstehen glaubt?

(file under "ich möchte ein eisbär sein".)

captain smalltalk

beckmann-"interviews" fühlen sich immer noch an wie intellektuell gemeinte altherrenwitze. hier ein /schelmisches/ höhö, dort eine /pfiffige/ anmerkung, nebenbei eine /unverbindliche/ anspielung. statt dem, woraus echte interviewer ironie, herausforderung oder subtext basteln. die harmlos-abgelesene ard-seichtheit. und immer dieses kollegiale, oder zumindest das, wie sich beckmann kollegialität im sog. öffentlich-rechtlichen nachtprogramm vorstellt - verbales schultertätscheln, investigativplauschen, nettseinwollen. [tomorrow's lecture: kerner und das distinktionsbedürfnis der oberflächlichkeit, oder wieso guido knopp im zdf eigentlich schon ganz gut aufgehoben ist.]

(file under "wieso ich meine, daß alexander kluge hin und wieder gott sein könnte".)

pilze sind jazz

wollte ich ja schon ewig mal drauf hinweisen, kann ich also eigentlich endlich mal die derzeitige argh.de-durststrecke ™ dafür nutzen: rumpfkluft, von katz & goldt. (denn: melancholie, mischpilze, isolation!)

großartig, trotz spreadshirt.

"ach, sie meinen die existenzialisten? alle tragen schwarz und trinken espresso?"

und wieder und wieder und wieder jenediese tage, an denen man für abstrakte begriffe einfach keine externe definition mehr benötigt und keinem lexikon mehr glaubt, sondern sie plötzlich zu /verstehen/ beginnt. aus irgendeinem anlaß, wegen irgendeines moments (und beim begriff "moment" ist die physikalische bedeutung ja auch so viel poetischer als die "zeitliche", daß man überlegen muß, wie ironisch das die sprache doch eigentlich eingerichtet hat, damals), mit irgendeinem auslos. dann tritt man aus einem café auf die straße und will sofort wildfremde menschen zu einer choreographie wie in deus' "instant street"-video auffordern, hat dabei musik mit sonnenbrillenkontext (sonne, alkohol oder tränen - vollkommen egal) im kopf und fragt sich auf dem restlichen heimweg nur noch, ob an all den geisterfahrer-kalauern ("hunderte!") vielleicht ja im /kulturellen/ sinn doch was dran ist.

und das ist genau der zeitpunkt, an dem man die fähigkeit erlernt erlangt (gelber gürtel in der disziplin "leben", nach langem training), nach unbefriedigendem 15-minuten-übermüdungsschlaf in fahrersitzen auf autobahnraststätten all die wut, die aggression und die konsequente lust auf niemehrwiederkommunikation umzuwandeln in melancholie und stimm-ung und /potential/: all das, was nur möglich ist. verdammt.

manchmal muß man einfach niederknien und sehr laut singen.

damit wir auch morgen noch kraftvoll in den spiegel sehen können

in der u8 steht sie und liest dieses schundblatt für bildungsabweisende, den "zukunftsblick", als würde sie darin die neue weltformel vermuten. mit zittrigen fingern wird zum "skorpion" geblättert (pro sternzeichen eine ganze seite, die textbausteinklöppler verdienen sich damit dämlich) und unter unterüberschriften (das gegenteil von überunderstatement über-igens, auch semantisch) wie "liebe und partnerschaft", "beruf und karriere" oder "obst und gemüse" wird das eigene leben gedanklich zugeordnet, kategorisiert, bewertet und mental umhätschelt, so daß sogar mein helferkomplex machtlos resigniert. /ihr/ zwölftel der menschheit wird in den nächsten tagen also wahrscheinlich erfolg im beruf haben, wenn es sich anstrengt, glück in der liebe, wenn es erfolg im beruf hat, und gesund bleiben, wenn das mit der liebe und dem sex klappt. nur anders formuliert wird es in jeder ausgabe, garniert mit tschakka-artigem vorwortgeplänkel und seelenlos lächelnden stock-image-hausfrauen.

dann, bei meinem so-beobachten und musikhören irgendwann der gedanke, daß diese frau den "zukunftsblick" braucht benötigt wie jemand wie ich die musik. als institution, als halt, als inspiration vielleicht. und daß sich unsere blicke nicht sonderlich unterscheiden, wenn sie durch ein textplacebo kurzfristig mut gemacht bekommt für's leben, und ich durch den right song at the right time. inspirieren lassen und inspirieren lassen lassen, oder? und dann gerade noch die notbremse: nein, bullshit. die welt wäre eine verdammt bessere ohne bild-"zeitung" und nachmittags-gerichts-shows und zukunftsblick und neun live, und wenn man sich das nicht immer wieder aktiv bewußt macht, rutscht man manchmal kurz und aus versehen in solche weichei-gedanken, die einem auch fast gleichzeitig dann wirklich peinlich sind. toleranz geht eben /doch/ anders.

am kottbusser tor steigt sie aus. auf ihren platz setzt sich ein junges mädchen, das sich auf einen hektisch aus der schultasche herausgekramten stapel sudoku-blätter stürzt. ich lächle, und für den rest des tages geht mir der begriff "kampfgeist!" nicht mehr aus dem kopf.

"fett!" (repeat 3x)

morrissey - ringleader of the tormentors

es sind diese kleinigkeiten im briefkasten, die einem den beschissenen dienstag aber sowas-von-retten, das glaubt man ja gar nicht. tiefstherzlichen dank an die einmetersechzig, die sich jetzt hoffentlich angesprochen fühlen.

everyone safe

won't you please not come back,
we'll never be apart,
i don't complain about the mess
that you left inside my heart

(zum ersten mal seit ungefähr 12 jahren solche lyrics wieder toll finden: growing old is mandatory; growing up optional.) nur bei insane volume über kopfhörer auch erst verstehen (weil: fühlen, nein, spüren), worum es geht. und sich vorkommen wie bei muse's muscle museum. dem video, that is. während der fernsehturm im nebel versinkt rückgrat beweist. stolz bleibt. let's all pray for rain.

argh.de vs. gute laune 1:0 nach verlängerung

schon seit ewigkeiten ja mit dem gedanken gespielt, mal die argh.de-gutfind-wochen einzuläuten: ab einem bestimmten stichtag nur noch dinge tollfinden zu wollen anstatt immer nur die einfache variante des in text gegossenen und laut geäußerten mißmutes. sieben tage lang nur noch ausdruck von begeisterung und positivismus und sonne und harmonie. und dann jene sieben tage lang einfach gar nichts mehr zu posten und danach kommentarlos "normal" und scheißedrauf dissonant weiterzumachen. aber schon damals gleichzeitig auch bemerkt, daß der gag dann ja gar keiner wäre, sondern nur rest-klischee. dekonstruktions-abklatsch. und auch wahrscheinlich nicht mal als solcher wahrgenommen werden würde.

statt dessen also lieber einen meta-eintrag draus gemacht. den witz /verklärt/. (auch kacke, aber nicht ganz so kacke mehr wie ursprünglich gemeint.)

wird zeit, daß das wetter wieder schlechter wird.

"i'm writing this to say, in a gentle way, .."

und dann dieses blonde mädchen heute früh in der u8, die ich nicht wegen des jacken-aufdrucks "wir alle bräuchten mehr zweisamkeit" (in angenehm unaufgeregter typo, ganz ohne glitzer) sofort umarmen wollte, sondern weil sie es fertigbrachte, den perfekt dazu passenden gesichtsausdruck zu äußern: jene mischung aus wehmut, charme, intelligenz und melancholie, die nur menschen hinbekommen, die schon mehrere stunden ihres lebens mit dem nachdenken über die semantik des begriffs "konsequenz" verbracht haben. und ich frage mich von weitem, was wohl ihre stories sind, wie ihre stimme klingt, was sie gerade für einen song hört und ob sie tagliatelle mit frühlingszwiebeln und käsesauce mag. und merke an ihrem zurückblick und ihrem mundwinkel, daß genau das die /angemessenste/ form von zweisamkeit ist, die man ihr in diesem moment entgegenbringen konnte.