drei unausgegorene persönliche thesen über new york:

1) das angenehme, erstens, an der stadt - mal abgesehen von den klassischen metropolenaspekten, die ich ja jeder nennenswert größeren city erlebe: das anonyme, das durchgetaktet funktionierende, das potentielle, das viele und immense und unaufhörliche, diese meganeblige choreographie der welt gewissermaßen, kultur als partitur - neben all dem das explizit angenehme also scheint hier, glaube ich, dass alles auf eine geradezu erschreckende art locker tickt. trotz abgefucktheit, trotz szenen und ausprägungen, trotz kultur(en) - und es ist auch eine ganz andere lockerheit als die effiziente lässigkeit asiens (im straßenverkehr beispielsweise spürbar: in nyc wird auch öfter gehupt, und "deutlicher" als in asien, weniger aggressiv andererseits als in münchen), und es ist keine totale gleichgültigkeit, es fühlt sich eher wie pragmatismus an.

dass daraus kaum effizienz wird, ist das eine. dass daraus kaum chaos wird, das andere. hier geht man sich jedenfalls aus dem weg und ist nett zueinander, weil sich das eben so gehört, aber man denkt nicht mal großartig mehr darüber nach, wie "echt" das dann noch ist. because, was soll’s, have a nice day, nächster. besser als kein nice day. hier ist man cool miteinander, weil uncool ganz schön scheiße wäre, was ist das denn auch für eine frage?, los, nächster, und hier winkt man meist eher ab, wenn’s um trump geht, weil, was soll’s. nächster.

unabsichtlich artikulierte routine geradezu, im umgang mit anderen, mit der welt, mit sich selbst - new york scheint eine routine entwickelt zu haben, auf die ein windiger unternehmensberater ein patent anmelden würde, hätte er das rezept dafür gefunden. i mean: das, was zB bei london so stresst, nämlich das gewollte, wollende, das pflichtgefühl, das ego und der druck, das alles fehlt hier einfach. und selbst das noch nicht mal gewollt abtrainiert, sondern als hätt’s sowas gar nie gegeben. irre. und irre erstmal wertfrei.

2) es ist -zweitens- alles arschteuer, zugegeben - und in einem ausmaß wie man’s dann eben doch wieder aus london oder singapur und anderen megacities kennt. hotels und airbnbs nehmen sich da kaum was, und die fünf dollar, die man sparen kann, wenn man mal lyft statt uber verwendet, reißen’s langfristig auch nicht heraus, wenn der drink in der bar eh bei 12 dollar liegt und ein "ordentliches" dinner pro person im restaurant in williamsburg bei rund $50. und trotzdem sehe ich $1-slices unglaublich leckerer street-pizza, und trotzdem komm’ ich mit der metrocard für $32 eine woche überallhin wo ich nicht mal zeit dafür habe, und trotzdem kostet sogar bei wholefoods die 750ml-plastikflasche quellwasser keine 50 cent und der pike-roast-standardkaffee bei starbucks exakt $2.34 genau wie praktisch überall.

will sagen: das ist so eine "volkswirtschaftlich gentrifizierte" art der verteuerung, die einfach zwangsläufig mitgeliefert wird, wenn eine stadt wächst und einen gewissen moloch-koloss-megastatus hat. verwaltungskosten steigen ja auch eher nichtlinear bei behörden, wenn man anwächst. glaube ich. und was ich damit eventuell sagen will: ja, teuer, okay. aber nicht unerwartet irre teuer. sherlock lachmann erklärt den kapitalismus, smash the state, heute jedoch nicht. echtjetz.

3) und last sowohl als least: so sehr wohl ich mich in megacities fühle, so sehr hänge ich an einigen aspekten berlins (namely konzerte und nachtleben, subkulturen und szenen, ..), wegen derer ich mir nie mich dauerhaft in bangkok oder london hätte vorstellen können. als kontrast perfekt, als ablenkung vom selbst, als abtauchkontext - aber nicht als modell für länger. "was würdest du auf ’ne einsame insel mitnehmen?" - "alles, damit sie nicht mehr einsam wäre."

aber zu den basic human needs (ernährung, bandbreite, sex, ..) zähle ich halt auch zumindest die möglichkeit (bäm: das potential) einer kulturellen teilhabe. die’s in london vermutlich gibt (sich aber sehr anstrengt, unter sich zu bleiben), die ich in bangkok schon anzweifle (alle jubeljahre mal ’ne boyband oder die foo fighters live), und die ich bei singapur schon gar nicht mehr vermute (und mir fast sicher bin, dass singapur denkt, es hätte sowas nicht nötig). und die ich, ja, ich komme zum punkt, hier in new york aber spüre, schon nach ein paar minuten des rumflanierens, egal wann und wo.

unter diesem gesichtspunkt: die erste mögliche alternative zu berlin scheint das hier zu sein. trotz allem, wegen allem. irre, und auch dieses "irre" ist momentan noch wertfrei gemeint.